Jugendpsychiatrie im Alltag
Wir wissen, dass der Schritt in eine Klinik nicht leichtfällt und bemühen uns sehr, das Einleben in unserem Haus so angenehm wie möglich zu gestalten. Dazu gehören das ausführliche Aufnahmegespräch und das Kennenlernen des zuständigen Psychotherapeuten, das Zeigen und Erläutern unserer Räumlichkeiten und Abläufe durch einen Patienten-“Paten”, sowie ein direkt ab Aufnahme persönlich zuständiger Bezugsbetreuer aus dem sogenannten Pflege- und Erziehungsdienst, der im Klinikalltag persönliche Unterstützung bietet.
Die Tagesstruktur ist geprägt durch gemeinsame Mahlzeiten in kleinen, festen Tischgruppen. Die Atmosphäre ist WG-artig mit einer überschaubaren Anzahl wesensähnlicher, eher intravertierter Gleichaltriger. Jeder Patient erhält einen individuell abgestimmten Wochenplan mit den persönlichen Therapie-Terminen. Zur Vertrauensbildung beginnen wir zunächst mit Einzeltherapie-Terminen (Psychotherapie, zwei Kreativtherapien), ggf. Schulunterricht (einzeln oder in Kleinstgruppen), dann folgen individuell ausgewählte Gruppenangebote. Ebenso gibt es gemeinsame Aktivitäten und Freizeit; Ausgänge sind täglich möglich, auch außerhalb des Klinikgeländes. Realitätsnähe wird gewährleistet durch die Integration in lokale Vereine für neu oder wieder entdeckte Hobbies, im Verlauf ggf. Außenschulbesuche oder Praktika. Das nur fünf Gehminuten entfernte Ortszentrum mit guter Infrastruktur ermöglicht normale Alltagserprobungen. An den Wochenenden können nach Absprache Besuche empfangen werden oder die Patienten planen gesunderweise altersentsprechende Unternehmungen miteinander.
Ab wann sollte man in eine psychiatrische Klinik gehen?
Ob ein stationärer Aufenthalt notwendig ist, hängt in erster Linie von der Ausprägung der Krankheit und den damit verbundenen Symptomen ab. In der Regel erfolgt zunächst eine ambulante Behandlung. Sind deren Möglichkeiten erschöpft oder ist der Zustand zu akut bzw. der Alltag kann nicht mehr gemeistert werden, empfiehlt sich der Schritt in eine stationäre Therapie. Dasselbe gilt, wenn die soziale Integration gefährdet ist und die Krankheitssymptome das Leben beherrschen.
Schließlich erhalten die Patienten hier ein umfassendes, individuelles Programm mit perfekt aufeinander abgestimmten Therapien, das in dieser Form ambulant nicht möglich wäre. Die betroffenen Menschen werden aus dem mitunter sehr belastenden Alltag herausgelöst und haben die Gelegenheit, sich auf ihre inneren Themen zu konzentrieren und gemeinsam mit den Therapeuten neue, positive Perspektiven zu schaffen. Der Rahmen mit wesensähnlichen, sensiblen Gleichaltrigen in vergleichbarer Situation ermutigt zu sozialer Aktivität und stellt einen wichtigen unterstützenden Faktor dar.
Seelische Krisen in der Jugend: Kein Grund für Stigmatisierung!
Eine Reifungskrise in Form einer psychiatrischen Störung auf dem Weg ins Erwachsenenwerden betrifft mehr Jugendliche als man denkt. Schließlich ist der Übergang vom Teenager zum Erwachsenen mit vielen Herausforderungen verbunden, die je nach Einzelfall durch die Familie, die Schule / den Beruf, das Umfeld oder durch die Gesellschaft an den Betroffenen gestellt werden. Auch ein Burn-out aufgrund eines hohen inneren und äußeren Leistungsdrucks ist möglich. Unabhängig vom jeweiligen Krankheitsbild gibt es in diesem Lebensabschnitt durch die zahlreichen Entwicklungsmöglichkeiten sehr viele Lösungs- und Behandlungsmöglichkeiten, so dass der Verlauf einer psychiatrischen Erkrankung in diesem Alter bei Eigenmotivation sehr positiv sein kann. Je eher die damit verbundenen Symptome therapeutisch behandelt werden, desto früher ist die Rückkehr in ein normales Leben möglich.